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Windmühlen, Schafe und Kannibalen


Nun sind wir also definitiv in Holland angekommen. Am Drielandenpunt stehen wir noch auf 321 MüM. Der höchste Punkt Hollands befindet sich im südlichsten Zipfel des Landes, eben am Dreiländerpunkt zwischen Belgien, Deutschland und Holland in der Provinz Limburg.

Labyrinth am Dreiländerpunkt Deutschland/Belgien/Holland

Von nun an sind wir „Land unter“. Nicht weil wir wieder mal von bösartigen Überschwemmungen heimgesucht werden, sondern weil Holland tatsächlich mehrheitlich unter dem Meeresspiegel liegt. Riesige Dämme halten das Meer im Zaun und verhindern bisher erfolgreich, dass das Land nicht von der Nordsee gefressen wird. Wenn der Meeresspiegel infolge globaler Erwärmung jedoch weiter steigt, wird das immer schwieriger werden.

Schafe auf Damm

Wir legen einen Fahrtag ein und gondeln direkt nach Oostmahorn an der Nordsee. Das dauert bloss vier Stunden, denn Holland ist flächenmässig nicht grösser als die Schweiz. Aber hier leben doppelt so viele Menschen wie bei uns: Holland gilt als dichtest besiedeltes Land Europas! Doch in holländisch Friesland herrscht dörfliche Beschaulichkeit.

Feriendorf Landal Esonstad in Oostmahorn

Wir haben uns auf einem Campingplatz eingemietet, der zum relativ neuen Feriendorf Landal Esonstad gehört. Dieses sieht aus wie ein echtes Friesendorf, samt Grachten, Marktplatz, Restaurants und Läden. Ein bisschen retortenhaft aber uns stört das herzlich wenig: wir sind hier fast allein!

Viel Platz in Holländisch Friesland

Ausserdem gehört zum Dorf ein Pitch’n’Put-Platz. Und wie auf einem grossen Golf-Platz kann man hier locker Birdies als auch Doppel-Bogies spielen. Kurzes Spiel - langes Leiden…

Zum Velofahren ist das Land hier ideal: flach und übersichtlich. Kulinarisch hingegen … Der deutsche Autor und Holland-Kenner Thomas Fuchs hat ein witziges und informatives Buch über Holland geschrieben und ein Kapitel dem Grauen in Hollands Küchen gewidmet. Während Belgier alles frittieren und Engländer alles verkochen, mag es der Holländer gestampft. Rücksichtslos wird sämtliches Gemüse in Brei verwandelt. Das Rezept zum heimlichen Nationalgericht Stamppot (Stampf-Topf) geht so: Kartoffeln, Rüebli und Zwiebeln in Wasser kochen, dann zu Brei verstampfen und mit Milch, Butter und Käse "veredeln". Nun denn: So entsteht doch auch unser höchst beliebter „Härdöpfelstock“? Und in Gourmet-Restaurants ist es sowieso schon lange üblich, jedes Gemüse auch als Brei, pardon, Schaum, zu servieren. Alles halb so schlimm also.

Ausserdem ist Stamppot eines meiner Lieblings-Allein-Zuhause-Gerichte, das ich dann auch genüsslich vor dem Fernseher verspeise. Wenn schon proletarisch, dann richtig. Ich wusste bloss nicht, dass es dafür auch einen Namen gibt. Allerdings verstampfe ich die Kartoffeln und Rüebli nicht zu vollständiger Unkenntlichkeit und anstelle von Milch verwende ich Rahm. Aber sonst? Stamppot! Da gibt es nix schön zu reden! Aber mir schmeckts. Und Esther D. auch, gäll!

Leeuwarden, Kulturhauptstadt Europas 2018!

Wir wurden von der holländischen Küche bisher jedenfalls positiv überrascht. An Beats Geburtstag sind wir nach Leeuwarden oder auf friesisch, Ljouwert, gefahren. Und nein, wir können es weder in der einen noch in der anderen Sprache korrekt aussprechen. Leeuwarden ist die Hauptstadt von Holländisch Friesland und 2018 sogar Kulturhauptstadt Europas! Kulturell gäbe es hier tatsächlich Einiges zu entdecken: Hübsche Grachten, das bedeutendste Heimatmuseum der Niederlande, ein Denkmal für Mata Hari, ein Naturmuseum mit dem Skelet eines 15 Meter langen Potwals, ein Keramik-Museum. Aber uns ist heute nicht so nach Skeletten und Delfter Porzellan. Wir ergötzen uns lieber an zwei 10-jährigen Buben, die mit ihren Rollbrettern mit Herzenslust in Karton-Berge „fräsen“. Guckt mal selber zu:

Doch restlos überrascht hat uns das Abendessen im Bj Üs (auf schweizerdeutsch: bi üs, holländisch ist doch gar nicht schwer!). Im kleinen, eher unscheinbaren Lokal tischten uns die jungen Köche Michiel und Lilian für 58 Euro ein Menü auf, das sich durchaus mit den Kreationen der Basler Spitzenköchin Tanja Grandit messen kann.

Jeder angenehm kleine Gang aus absolut frischen Produkten war eine Geschmacks-Explosion. Die dazu servierten Jus alle leicht aber göttlich im Geschmack. Und das alles in sehr unkompliziertem Ambiente, ganz ohne Schnickschnack und Allüren. Solltet Ihr mal in Friesland sein, besucht die beiden, so lange sie noch hier und so bezahlbar sind!

Doch nicht überall scheint es so gesittet zu- und her zu gehen. Auf dem Heimweg passieren wir folgendes Schild:

Wusste echt nicht, dass es in Holland noch Kannibalen gibt! Ich trete vorsichtshalber mal kräftig in die Pedale. Man weiss ja nie!

PS: "VERKOCHT" heisst verkauft und DAMEN ist eine Immobilienfirma. D.h. hier werden keine gekochten Frauen angeboten, sondern ein Haus verkauft.

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